La naissance de Samuel

Daumenlutscher

Dass es ein Kaiserschnitt werden würde, wussten wir schon einige Tage vorher. Samuel wollte weiterhin nur mit dem Kopf nach oben liegen. Außerdem hatte er schon in der 36. Woche, beim letzten Ultraschall, fast die Grenze des Kopfumfangs erreicht, den das Krankenhaus für natürliche Steißgeburten empfiehlt. Bei letztlich 4040 Gramm, mit denen er 11 Tage vor Termin auf die Welt kam, war ein Kaiserschnitt dann wohl auch eine gute Idee.

Der angesetzte Termin wäre gestern gewesen, aber der Kleine hatte es dann doch eiliger: Gegen zwölf Uhr am Tag seiner Geburt fuhren der Italiener und ich ins Krankenhaus, nur um die Chirurgin kennen zu lernen, die Samuel eigentlich gestern auf die Welt holen sollte. Mein Blutdruck war, wie in den letzten Wochen der Schwangerschaft öfter, erhöht und so schickte sie mich nach dem Termin noch an den Wehenschreiber, zur Sicherheit. Den Italiener verabschiedete ich im Scherz mit den Worten: „Geh ruhig nach Hause, das dauert hier bestimmt ’ne Weile – falls wir ihn jetzt schon holen, ruf ich Dich an.“ Ich wusste nicht, dass es tatsächlich so kommen sollte.

Eine halbe Stunde lag ich am Wehenschreiber, alles war gleichmäßig, ein paar Wehen wie in den Tagen vorher waren auch dabei, der Blutdruck wieder im Normalbereich. Und dann kam, was sich anfühlte wie eine große Bewegung vom Kleinen und ich spürte, wie meine Fruchtblase platzte. Und mit Platzen meine ich nicht „Anreißen“ – es konnte kein Zweifel bestehen, was da gerade passiert war. Die herbeigerufene Hebamme meinte dann auch: „Kein Problem, ich guck mal nach“ und dann nach einem Blick auf meine durchnässte Jeans: „Also, ich guck trotzdem nach, aber da haben Sie wohl recht, das ist die Fruchtblase“. Einen besseren Zeitpunkt hätte sich der Lütte nicht aussuchen können – was ist schon praktischer, als bereits im Krankenhaus zu sein, wenn es los geht?

Und los ging es: Keine Stunde später lag Samuel auf meiner Brust. Erst mal rief ich aber natürlich den Italiener an. Seine Aufregung konnte ich übers Handy fast vibrieren fühlen. Während er mit der Kliniktasche ins Krankenhaus kam, wurde ich, mit meinem dicken Bauch, unter die Dusche geschickt. In seiner Verdattertheit fuhr der Italiener mit der Metro und ließ die Taxiunternehmen alt aussehen. So hatte ich noch eine Viertelstunde am Wehenschreiber, in der ich versuchte, von der Schwangerschaft Abschied zu nehmen. „Streichel ihn noch ein letztes Mal im Bauch“, sagte ich dem Italiener, als er ankam. Wie schön, dachten wir beide, dass der Kleine selbst seinen Geburtstag ausgesucht hat (und uns somit eine bestimmt unruhige Nacht vor dem geplanten Kaiserschnitt erspart hat. An diesem Tag hatte ich sogar noch sehr lange vormittags geschlafen, weil mir danach war.)

In den OP kam ich für die PDA allein. Wie erstaunt ich war, dass das Setzen der PDA überhaupt nicht zu spüren war. Ein winzigster Pieks und ich durfte mich wieder hinlegen. Ich versuchte, ruhig zu bleiben, was kommen sollte, war schließlich nicht zu vermeiden. Und es würde mir endlich endlich meinen Sohn bringen. Das OP-Team spannte einen Sichtschutz auf und der Italiener kam, im blauen OP-Outfit, an mein Kopfende.

„Die Beine sind draußen, jetzt ein Arm, die andere Schulter und da ist der Kopf.“ 16 Uhr 54, der Italiener und ich gucken uns mit großen Augen an, als wir den ersten Schrei unseres Kindes hören. Gespürt habe ich nur, wie mir fest auf den Bauch gedrückt wurde, keinerlei Schmerzen. Der Italiener bekommt ihn auf den Arm und legt mir unseren Samuel auf die Brust. Zugedeckt von einer großen Heizdecke, sehe ich nicht viel, aber ich spüre, wie schwer er ist und wie er sich langsam auf meiner Haut beruhigt. Wohl zehn Minuten liegen wir so da und können alle drei nicht ganz verstehen, was da gerade passiert ist.

Der Italiener nimmt den Kleinen an sich und geht zurück in den Kreißsaal, in dem ich vor einer Stunde noch unwissend am Wehenschreiber lag. Die Ärzte nähen – oder besser tackern – mich zu und keine Viertelstunde später komme ich zu meinen beiden Männern. Wieder Haut auf Haut mit Samuel. Diesmal kann ich ihn besser ansehen, rosig ist er mittlerweile. Ein paar Stunden verbringen wir zur Kontrolle im Kreißsaal, irgendwann zeigt eine Hebamme dem Italiener, wie man so ein kleines Bündel anzieht. Gebadet wurde erst zwei Tage später, um dem Kleinen die Chance zu geben, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.

So schnell war er da. Wir waren sofort glücklich und erleichtert, aber auch noch ziemlich überfordert mit unseren Gefühlen. Nach zwei, drei Tagen kamen die überwältigenden Mama- und Papagefühle (bei mir zusammen mit der Milch). Und seither können wir uns beide kaum von ihm abwenden. Selbstverständlich ist er das hübscheste und intelligenteste und lustigste Baby der Welt. Und – für unser aller Seelenfrieden nicht zu unterschätzen: Er ist so brav. Er weint, nur wenn etwas nicht stimmt. Das ist im Moment natürlich meist Hunger, oder auch mal eine volle Windel. Ab und an ein böses Bäuerchen oder fieser Pups. Der zweite Tag und die zweite Nacht waren die einzigen Momente, die etwas anstrengender waren, weil noch keine „richtige“ Milch da war und die ersten, schwierigen Windeln ihn etwas quälten. Seither ist er ein wahres Anfängerbaby. Alle zwei bis drei Stunden wird gestillt, dazwischen entweder geschlafen oder auch schon mal mit großen Augen durch die Welt geguckt. Die Kirsche auf dem Sahnehäubchen: Während der fünf Tage im Krankenhaus regnete es in einem fort, seit wir Mittwoch nach Hause gekommen sind, ist schönstes Sommerwetter. So sind wir schon durch den Park geschoben und haben Eistee auf der Terrasse eines Cafés getrunken. Auch die Babytrage tut uns gute Dienste (danke, vierachtel für den Tipp!). Auch körperlich geht es mir gut, fünf Tage im Krankenhaus waren eine angemessene Zeit, um mich zu erholen und wieder stabil auf den Beinen zu stehen. Marathon laufe ich noch keinen, aber ich bin schmerzfrei und kann mich ohne Probleme um den Lütten kümmern und das auch genießen. Und der nächste Marathon kann ja auch warten (von mir aus für immer).

Wir sind sehr dankbar für dieses Glück, das uns vergönnt ist und gerade in seinem Stubenkörbchen neben mir liegt und schläft. Wir wussten beide nicht, dass wir zu solchen Gefühlen fähig sind. Das einzige Problem: Ich würde so gern die Zeit anhalten können…